Berlin – Nachdem der Bundesgerichtshof vergangene Woche mehrere Revisionen in Filesharingssachen zurückgewiesen hat, erhalten abgemahnte Anschlussinhaber aktuell zum Teil wirre Schreiben, in denen nun mehr die Zahlung eines Vergleichsbetrages verlangt wird.
Zur sekundären Darlegungslast
Um der sekundären Darlegungslast genüge zutun, reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darzulegen
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So schreibt der Berliner Rechtsanwalt Daniel Sebastian in einem Schreiben, das der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN vorliegt, „um die Haftung der Eltern entfallen zu lassen, müssen diese die ordnungsgemäße Belehrung beweisen“. Das ist in der Tat richtig, was Daniel Sebastian an dieser Stelle allerdings verschweigt, ist, dass in dem vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall (BGH, Urt. v. 11.06.2015, I ZR 7/14, Pressemitteilung) die Tochter selbst gegenüber der ermittelnden Polizei angab, nicht von ihrer Mutter belehrt worden zu sein. Dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft in jüngster Zeit nicht mehr bei gewöhnlichen Filesharingverfahren involviert werden, scheint der umstrittene Rechtsanwalt zu übersehen. Rechtsanwalt Daniel Sebastian war in die Kritik geraten, nachdem das Team von Abmahnhelfer.de exklusiv enthüllte, dass er hunderte unberechtigter Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln angestoßen hatte und damit einen der größten Justizskandale der jüngsten Geschichte auslöste. Zuletzt durchsuchte die Staatsanwaltschaft Köln seine Geschäftsräume am Berliner Kurfürstendamm.
Was Rechtsanwalt Daniel Sebastian verschweigt
Pikant: In dem Schreiben heißt es, dass auch in „anderen Konstellationen“ eine Haftung des Anschlussinhabers „praktisch“ nur dann entfiele, wenn die konkrete Person benannt wird, die die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Welche Konstellationen Daniel Sebastian mit diesen „anderen Konstellationen“ meint, bleibt allerdings schleierhaft. Dass der Bundesgerichtshof noch im vergangenen Jahr (BGH Urt. v. 16.01.2014, I ZR 169/12 – Bearshare, Pressemitteilung, Volltext) entschieden hatte, dass es zur Entlastung des Anschlussinhabers genügt, darzulegen ob und welche anderen Personen eigenständigen Zugriff an den Internetanschluss hatten, erwähnt er leider nicht.
So reagieren Sie richtig auf anwaltliche Aufforderungsschreiben
Auch andere Kanzleien scheinen nun auf den Zug aufgesprungen zu sein und wiederholen floskelhaft die wesentlichen Ausführungen aus den drei Urteilen. So liegen zum Beispiel Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Rasch und des Inkassobüros Debcon vor. Betroffene Anschlussinhaber sollten in zwei Schritten prüfen lassen, ob die geltend gemachten Ansprüche erstens dem Grunde nach bestehen und zweitens der Höhe nach bestehen.